Die Herausgeberin Johanna Rachinger, zum Erscheinungszeitpunkt dieser Publikation Lektorin beim Wiener Frauenverlag und heute Generaldirektorin der Nationalbibliothek, schreibt in ihrem Nachwort zu diesem Buch:
„Die in diesem Band enthaltenen Beiträge sind eine Auswahl aus cirka hundert Texten, die anläßlich des Rauriser Literaturförderungspreises 1987, diesmal zum Theme „Frauenalltag“, eingesandt wurden. Das Kriterium der Auswahl aus der Fülle der eingesandten Texte sollte weniger der Versuch einer breiten Darstellung unterschiedlichster Frauenalltage — angefangen von der Hausfrau über die Fabriksarbeiterin und Bäuerin bis hin zur Karrierefrau — sein, als vielmehr die literarische Qualität der Texte. Zu vieles wurde schon, nur weil es von Frauen kam, unhinterfragt veröffentlicht, Texte, nur weil vielleicht das Wort Emanzipation darin vorkam, mit dem Etikett „Frauenliteratur“ versehen. Diese Pauschalierung bestärkt das ohnehin vorhandene Vorurteil, Frauenliteratur sei ein Begriff, der sich von vornherein für sich entschuldige. Die hier publizierten Texte sind ein Beispiel dafür, daß Frauenliteratur ein Qualitätsbegriff ist. Die Autorinnen nähern sich dem gestellten Thema in selbstbewußter, kritischer und differenzierter Art. Ihre Sprache ist zornig, phantasievoll, ironisch, grundsätzlich und ernst. Nicht weinerlich und jämmerlich, sondern offen und kühn werden Themen wie Psychiatrie, Einsamkeit, Alter, Angst, Überlastung etc. aufs Tapet gebracht. Die hier publizierten Autorinnen haben keine Angst mehr, Altes mit den sprachlichen Mitteln der Wiederholung, der Satire und der Ironie neu und unvergleichlich auszusprechen — und das ist das Moderne an diesen Texten.
[aus dem Nachwort S. 149-150]