Illustrirtes Wiener Extrablatt

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Das hier vorliegende und auf private Initiative hin gebundene Konvolut versammelt insgesamt 39 Ausgaben des „Illustrirte(n) Wiener Extrablatt(es) aus den Jahren 1888 und 1889. Zwei Ausgaben betreffen den 17. Jahrgang (Nr. 334/2. und 357/27. Dez. 1888) und 37 Ausgaben den 18. Jahrgang (von Nr. 23/23. Jan. bis Nr. 59/28.Feb. 1889). Von Nr. 30 bis Nr. 50/1889 sind die Ausgaben chronologisch geordnet vorhanden, davor gibt es drei und danach noch zwei Ausgaben. 24 Ausgaben sind Morgen-Ausgaben und 35 Abend-Ausgaben. Von insgesamt 13 Tagen sind sowohl Morgen- als auch Abend-Ausgabe vorhanden.

Alle Zeitungsausgaben weisen die gleiche Gliederung auf. Es beginnt immer mit einem „Aufmacher“ samt Abbildung auf der Titelseite, gefolgt von mehreren Seiten Berichterstattung, die jeweils in drei Spalten aneinandergereiht sind, wobei lediglich die unterschiedliche Schriftgröße bei den Überschriften eine gewisse Gliederung erkennen lassen. Es wird über in- und ausländische Begebenheiten berichtet. Über alle Ausgaben hinweg ist die Rubrik „Was gibt’s denn Neues?“ ein Kontinuum, worin über Alltagsgeschehen – Klatsch und Tratsch – berichtet wird. Häufig vertreten ist auch eine Spalte, die mit „Kriminal-Geschichten“ betitelt ist und die sozusagen „aus dem Gerichtssaal“ berichtet oder Kriminalfälle und sonstige Delikte auflistet. Auch ein, zwei Fortsetzungsromane finden sich in jedem Blatt. Es fällt auf, dass die Anzahl von Ankündigungen und Anzeigen – also Werbung – groß ist und immer mehrere Seiten beansprucht. Der „Wiener Vergnügungs-Anzeiger“ fehlt in keiner Ausgabe, er versammelt Ankündigungen von Bällen, insbesondere Maskenbällen, Theatervorstellungen, Konzerte aber auch lokale Veranstaltungen in Gasthäusern, Vereinslokalen oder Ähnliches. Bei den Produktwerbungen findet man einige Produkte, die es auch heute noch gibt: die Suppenwürze „Maggie“ z. B. oder „Küfferle-Schokoladen“, sie scheinen die Zeiten überdauert zu haben. Eine Besonderheit sind die Anzeigen der Ärzteschaft, die in relativ großer Zahl vertreten sind und für alle möglichen Behandlungsmethoden werben. Im Unterschied zu heute war das damals offensichtlich erlaubt. Häufig wird die Heilung „geheimer Krankheiten“ versprochen, worunter wohl Haut- und Geschlechtskrankheiten zu verstehen sind, aber auch die Befreiung von Geschwüren, Blasenleiden, Mundkrankheiten, Frauenleiden bis hin zu Epilepsie und „Nervenzerrüttung“. Vielleicht verstecken sich einige Sportberichte zwischen den Zeilen, eine eigene Sportseite gibt es jedenfalls nicht.

Das Jahr 1889, das mit 37 Ausgaben des „Illustrirte(n) Wiener Extrablatt(es) im vorliegenden Band vertreten ist, ist nicht nur das Geburtsjahr Adolf Hitlers sondern auch ein Jahr von besonderer schicksalhafter Tragweite für das österreichisch-ungarische Kaiserhaus. Am 30. Jan. 1889 nahm sich Kronprinz Rudolf, der einzige Sohn Kaiser Franz Josephs und Kaiserin Elisabeths, gemeinsam mit seiner Begleiterin, der Baronesse Marie-Alexandrine Vetsera, genannt Mary Vetsera, in seinem Jagdschloss in Mayerling bei Alland im Wienerwald das Leben. 31 der 37 Ausgaben der Zeitung nehmen Bezug auf dieses Ereignis, es beherrschte nicht nur die Berichterstattung des „Illustrirte(n) Wiener Extrablatt(es) sondern wohl der gesmten Presse. Der Freitod des Kronprinzen wird nicht als solcher dargestellt sondern in verklärender Weise als Jagdunfall präsentiert. Anfänglich ist die Berichterstattung vom Schock und der langsamen Zurkenntnisnahme des Ereignisses gekennzeichnet, worauf sich eine ins Detail gehende Schilderung der Abläufe bis zum Begräbnis des Thronfolgers anschließt. Im Anschluss daran und dazwischen eingestreut gibt es zahlreiche Rückblicke auf das Leben Kronprinz Rudolfs und Reminiszenzen besonderer Ereignisse. Beispielsweise gibt es Berichte über Kindheit und Jugend Rudolfs, über seine Militärzeit, es ist aber auch ein Brief des 13jährigen Rudolf an den 80jährigen Grillparzer abgedruckt bzw. gibt es auch eine bildliche Darstellung der Lieblingskutschen des Thronfolgers. Eine gewisse Cäsur im Ablauf der Ereignisse (und der Berichterstattung) kann man vielleicht in der Ausgabe 44 vom 13. Feb. 1889 erkennen, wo über die Ankunft des Kaiserpaares Franz Joseph und Elisabeth (Sissi) in Budapest berichtet wird, um dort etwas Abstand von den aufreibenden Ereignissen in Wien zu bekommen.

Als Fazit kann man vielleicht ziehen: wer generell an journalistischer Berichterstattung vergangener Tage und Zeiten interessiert ist oder sich im Detail über ein welthistorisches Ereignis informieren will hat mit diesem Zeitungsband eine außergewöhnliche Primärquelle zur Hand. Zu betonen ist allerdings, dass man sich auf die Einzelheiten konzentrieren soll, Meinungen und Interpretationen, die in der Zeitung geäußert werden, sind unbedingt im historischen Kontext zu sehen, spätere historische Forschung hat vieles, beispielsweise den Tod Rudolfs als Folge eines Jagdunfalls, korrigiert und zurechtgerückt.

Abschließend noch einige Angaben zum „Illustrirte(n) Wiener Extrablatt:

Gegründet wurde die Zeitung vom Theaterautor Ottokar Franz Ebersberg und Franz Josef Singer. Die erste Ausgabe erschien am 24. März 1872. Ab 1. Dezember 1874 bis 29. Oktober 1883 war Singer der alleinige Eigentümer, Herausgeber und Drucker, bis er am 30. Oktober 1883 von Edgar Spiegl von Thurnsee (1839–1908) als Herausgeber abgelöst wurde. Ab 1. Jänner 1893 war die Druckerei der Ersten Wiener Zeitungsgesellschaft für den Druck zuständig. Diese Gesellschaft löste per 17. Jänner 1897 Spiegl als Herausgeber ab und war nun als Verlag der Zeitung tätig. Ab 26. Oktober 1905 erschien die Zeitung im Elbemühl-Verlag, der ab 30. September 1922 auch als Eigentümer aufscheint. Am 25. Juli 1924 verkaufte Elbemühl die Zeitung an die „Wiener Allgemeine Zeitungs- und Verlags-Aktiengesellschaft“, die Verlag, Herausgabe und Druck der Zeitung übernahm. Die letzte Ausgabe des „Illustrirten Wiener Extrablattes“ erschien am 16. Dezember 1928. Bis 1922 erschien die Zeitung mit drei Spalten, ab 1. Februar 1922 in einem etwas größeren Format. Bis 3. Juli 1876 erschien die Zeitung täglich. Anschließend, bis 1. Februar 1922, erschien das Illustrierte Wiener Extrablatt“ zwei Mal täglich als Morgenblatt und in einer Abendausgabe – mit Ausnahme von Sonntag und Montag, wo nur eine Morgenausgabe erschien. In den letzten Jahren erschien sie nur noch ein Mal täglich.¹

¹https://de.wikipedia.org/wiki/Illustrirtes_Wiener_Extrablatt

Signatur

Herausgeber: Spiegl, Edgar
Ordnungswort: Extrablatt Wiener Illustrirtes
Erscheinungsort: Wien
Verlag: Druckerei Franz Guschitzky
Erscheinungsjahr: 1888-1889
Auflage: 17.-18. Jahrgang
Sprache: Deutsch
Seiten: 376
Gewicht in gramm: 1284
Größe in cm: 39,5 x 26,7
Ausstattung: Gebunden mit Leinenrücken; es handelt sich um 39 Ausgaben der Zeitung "Illustrietes Wiener Extrablatt", die zu einem Konvolut gebunden wurden
Bewertung: leichte Beschädigunen; wie nicht anders zu erwarten ist bei Zeitungspapier dieses Alters mit der einen oder anderen Beschädigung zu rechnen, beispielsweise eingerissene Seiten, umgebogene Ecken oder Knicke (sie wurden allesamt so gut es ging repariert); und natürlich ist das Zeitungspapier nachgedukelt; die Ausgaben wurden vom Vorbesitzer, der sich auf der Innenseite des Buchdeckels verewigt hat, zu einem Band gebunden; der Einband ist bestoßen, weist einen größeren Knick im vorderen und einen kleinn im hinteren Buchdeckel auf; drei kleine Beschädigungen des Deckelrandes wurden mit Gewebeband repariert