Ein Thema war in der medialen Berichterstattung der letzten Monate so präsent wie kaum in den Jahrzehnten zuvor: gemeint ist die Frage der Entschädigungszahlungen gegenüber NS-Zwangsarbeitern. Vor dem Hintergrund laufender Recherchen einer Historikerkommission soll, nicht zuletzt angesichts des starken medienwirksamen Drucks von US-Anwälten und der von diesen eingebrachten Sammelklagen, eine eigens bestellte Regierungsbeauftragte ähnlich wie im Fall Deutschlands auch für Österreich eine Lösung mit „Rechtssicherheit“ erzielen. Tatsächlich wurde nach 1945, wie eine Fülle zeithistoriographischer Arbeiten — entgegen der subjektiven Wahrnehmung einzelner Politiker und so mancher „Zeitzeugen“ — belegt, mit Verweis auf die „Opfer-Rolle“ nicht nur die Ursache von Faschismus und Nationalsozialismus in der öffentlichen Debatte oftmals auf die Ebene individueller Schuld verlagert, sondern darüber hinaus auch die „Wiedergutmachung“ gegenüber den Opfern entweder kaum thematisiert oder als unwürdiger „Kampf“ geführt (Vgl. Brigitte Bailer-Galanda, 1993). Trotz der geleisteten Entschädigungszahlungen der Republik gegenüber einzelnen Opfergruppen des NS-Regimes läßt sich der Tenor in der offiziellen Behandlung der Rückstellungen nach 1945 mit den Worten des damaligen Innenministers Oskar Helmer auf den Punkt bringen, der in diesem Zusammenhang meinte: „Ich bin dafür, die Sache in die Länge zu ziehen“. Und selbst in den gegenwärtigen Verhandlungen spielt, wie Österreichs Sonderbotschafter für Restitutions-Fragen, Dr. Ernst Sucharipa, kürzlich verlautbarte, die Frage der „Arisierung“ jüdischen Vermögens bisher keine Rolle. Dem unmittelbar mit dem „Anschluß“ 1938 einsetzenden Raub jüdischen Eigentums sowie den damit verknüpften Schicksalen widmen sich die Beiträge der vorliegenden Spurensuche.
[„Editorial“ dieser Ausgabe der „Spurensuche“]